22.2.2005 19:59
Der Blogger Lemmo Emze wurde am Montag morgen in eine geschloßene Anstalt eingeliefert, nachdem seine Blog-Tätigkeit ihm zum Verhängnis wurde. Sein Zustand ist inzwischen stabil, doch es ist fraglich, wann er wieder etwas berichtenswertes unternehmen darf, geschweige denn Zugang zum Internet erhalten kann. Vorerst ist er unter ständiger psychologischer Betreuung, die ihm, sobald das charakteristische Zucken der Fingerspitzen eintritt, einredet, dass das, was er gerade macht, niemanden interessiert.
Zu dem Vorfall kam es, weil Lemmo die letzten vier Wochen, seit Ende der Vorlesungszeit, stetig häufiger Einträge in sein Online-Tagebuch, genannt Blog, setzte. Die ersten Einträge, die befreundete Bloggern auffielen, waren Berichte über das Knarren der Tür, das ihm noch nie aufgefallen sei, sowie über den Sonnenuntergang. Beunruhigt tauschten sie sich über ihre Blogs über diese Unregelmässigkeiten aus. Von Lemmo gelesen, begann er selbst, über seine seltsamen Posts zu berichten. Solches Verhalten ist selbst bei Bloggern unüblich, mehr und mehr Blogs wurden auf den "Selbstzitierer" aufmerksam.
Paralell verschärfte sich das Berichten von Alltäglichem; so wurde die Welt über das Frühstück, die Einkäufe und den Nachgeschmack der Zahnpasta aufgeklärt. Kritisch wurde das Verhalten am Sonntag abend, als Lemmo berichtete, wie er vom Computerstuh aufstand, und direkt anschließend noch postete, dass er sich hingesetzt hat, um vom Aufstehen zu berichten. Es folgten noch direkt drei Posts - "Ich begann darüber in mein Blog zu schreiben", "Ich schickte den Eintrag ab", "Ich merke, ich werde gleich nochmal etwas bloggen" - dann war Stille.
Besorgte Blogfreunde fanden das äußerst seltsam und füllten ihre Blogs mit Spekulationen über die Gründe des Verstummens. Claudia Mondnagel verließ dann am Montag morgen die Welt des Bloggens und sah in Lemmos Studentenbude selbst nach dem Rechten. Dort fand sie ihn wie eingefroren auf den Bildschirm starren. Es war die Eingabe-Maske für sein Blog zu sehen, und er hat gerade geschrieben "Ich schreibe gerade diesen Eintrag über diesen Eintrag über diesen Eintrag über diesen Eintrag" und so sofort, bis die Längenbeschränkung der Eingabe erreicht war. Sie schickte die Nachricht ab und rief den psychologischen Notdienst, der Lemmo dann auch gleich mitnahm.
Kurz darauf begann das Internet deutlich langsamer zu werden, als tausende Blogger anfingen, den Lemmo'schen Stil nachzuahmen und noch mehr Blogs darüber berichteten. Bereits gegen Nachmittag überschritt der Blog-erzeugte Traffic den der Spam-Mails. Erst als Apple - ihre iTunes-Einnahmen im Blick - das Bloggerchaos duch Blog-gerechte Ankündigung eines 60GB-Transparenten-Mini-iPod in gewohnte Bahnen lenken konnte, kehrte wieder Normalität ein. (jb/Flattr)